Mein Weg mit der Angststörung und wie ich gelernt habe, wieder Kontrolle zu gewinnen

Es gibt Momente im Leben, die alles verändern. Für mich war das der Tod meiner Schwiegermama – einer Frau, die nicht nur die Mutter meines Mannes war, sondern für mich auch eine Freundin, Vertraute und Ratgeberin. Sie verstarb im September 2020, nur zwei Wochen vor der Geburt meiner jüngsten Tochter. Es war eine Zeit, die voller Emotionen sein sollte, voller Vorfreude auf neues Leben. Stattdessen wurde ich mit einem schmerzhaften Verlust konfrontiert, der meine Welt auf den Kopf stellte. Und ohne es zu wissen, war dies der Moment, der den Beginn meiner Angststörung markierte.

Der Auslöser: Eine emotionale Achterbahnfahrt, die ich nicht steuern konnte

Meine Schwiegermama und ich hatten eine ganz besondere Beziehung. Mit ihr konnte ich über alles reden, auch wenn wir nicht immer derselben Meinung waren. Sie war ein Fels in meinem Leben, eine konstante Unterstützung. Durch die Corona-Pandemie konnte ich weder bei ihr im Krankenhaus sein noch an der Beerdigung teilnehmen – eine zusätzliche Bürde, die mich innerlich zerriss. Ich fühlte mich isoliert und ohnmächtig. Rückblickend denke ich, dass dies der Moment war, in dem sich meine Angststörung schleichend entwickelte. Der Schmerz und die Hilflosigkeit, die ich verspürte, blieben nicht auf den Verlust beschränkt, sondern wuchsen zu einer tiefen Angst.

Die Geburt meiner Tochter sollte mir eigentlich Freude und Glück bringen, und natürlich tat sie das auch. Doch parallel dazu begann etwas in mir zu wachsen, das ich zunächst nicht verstand: eine Angst, die ständig präsent war. Zuerst machte sie sich in kleinen Momenten bemerkbar – ein Herzklopfen hier, ein unruhiger Gedanke da. Doch je mehr Zeit verging, desto größer wurde diese innere Unruhe, bis ich irgendwann merkte, dass es nicht nur einfache Nervosität war. Es war etwas Größeres, etwas, das mich komplett überwältigte.

Die Erkenntnis: Panikattacken und die Angst vor der Angst

Anfang 2021 bemerkte ich, dass meine Angst immer mehr in Richtung Krankheitsangststörung ging. Ich begann, jedes kleine Zwicken oder Unwohlsein in meinem Körper zu hinterfragen, überzeugt, dass es etwas Schlimmes bedeuten könnte. Ein leichter Kopfschmerz wurde in meinem Kopf schnell zu einem möglichen Gehirntumor, ein harmloses Ziehen im Bauch zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Die Panikattacken, die folgten, waren anfangs noch recht klein und manchmal gar nicht als diese zu bemerken.

Der Höhepunkt kam letztes Jahr im Dänemarkurlaub. Ich war mit meiner Familie an einem wunderschönen Ort, eigentlich ein Moment, in dem man entspannen und die Zeit genießen sollte. Doch mitten in diesem Urlaub hatte ich eine der schlimmsten Panikattacken meines Lebens. Mein Herz raste, ich schwitzte und war überzeugt, dass etwas mit mir nicht stimmte. Der Moment, in dem ich erkannte, dass ich Hilfe brauchte, war befreiend und erschütternd zugleich. Es war das erste Mal, dass ich es laut aussprach: „Ich habe eine Angststörung.“ Und damit begann der nächste Schritt auf meinem Weg.

Der Weg zur Kontrolle: Unterstützung und Selbstfürsorge

Seit diesem Sommerurlaub habe ich viel über Angststörungen gelesen und mich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Ich habe gelernt, dass ich nicht alleine bin – dass es viele Menschen gibt, die mit ähnlichen Ängsten kämpfen. Das war für mich eine der wichtigsten Erkenntnisse: zu wissen, dass ich nicht verrückt bin und dass es Werkzeuge gibt, mit denen man lernen kann, die Kontrolle über seine Angst zurückzugewinnen.

Eine der ersten Maßnahmen, die ich ergriff, war, mich online nach Unterstützung umzusehen. Es gibt wunderbare Gemeinschaften , die sich speziell mit Angststörungen und Panikattacken beschäftigen. Durch das Lesen von Erfahrungsberichten und den Austausch mit anderen Betroffenen fühlte ich mich verstanden und gestärkt. Auch Marco war mir eine unschätzbare Hilfe. Seine Geduld und Unterstützung haben mir geholfen, mich in den dunkelsten Momenten nicht allein zu fühlen. Er wusste dass er es ernst nehmen muss und mich nicht mit Sätzen wie „Denk an was schönes“ oder „Ach du übertreibst“ dastehen lassen konnte.

Wie ich es schaffe, die Angst zu kontrollieren: Tipps, die mir geholfen haben

Heute weiß ich: Meine Angststörung wird vielleicht nie vollständig verschwinden, aber ich habe gelernt, besser mit ihr umzugehen. Hier sind einige der Dinge, die mir auf diesem Weg geholfen haben:

  1. Atemtechniken: In Momenten akuter Panik hilft es mir, bewusst zu atmen. Eine einfache Technik, die ich oft anwende, ist die 4-7-8-Methode: Ich atme 4 Sekunden lang ein, halte den Atem für 7 Sekunden und atme dann 8 Sekunden lang aus. Das beruhigt mein Nervensystem und hilft mir, wieder Kontrolle über meinen Körper zu bekommen.
  2. Achtsamkeit und Meditation: Achtsamkeit hat mir geholfen, im Hier und Jetzt zu bleiben, anstatt mich von meinen Ängsten überwältigen zu lassen. Regelmäßige Meditationen geben mir die nötige innere Ruhe, um stressige Situationen besser zu meistern.
  3. Sich öffnen: Das Aussprechen meiner Angst war ein wichtiger Schritt. Egal, ob es mein Mann, eine Freundin oder eine Online-Community war – das Teilen meiner Gedanken und Sorgen hat die Last enorm verringert.
  4. Wissen ist Macht: Je mehr ich über Angststörungen und Panikattacken gelernt habe, desto besser konnte ich verstehen, was in meinem Körper passiert. Dieses Wissen hat mir die Macht gegeben, meine Ängste nicht mehr als Feind zu sehen, sondern als etwas, das ich beeinflussen kann.

Du bist nicht allein: Es ist okay, Hilfe zu suchen

Das Wichtigste, was ich auf meiner Reise gelernt habe, ist, dass ich nicht alleine bin – und du bist es auch nicht. Angststörungen und Panikattacken sind kein Zeichen von Schwäche, und es ist vollkommen in Ordnung, Hilfe zu suchen. Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“ im Umgang mit Angst. Jeder Weg ist anders, und was für mich funktioniert hat, mag für dich nicht dasselbe sein. Aber eines ist sicher: Du bist nicht allein.

Wenn du dich in meinen Worten wiedererkennst, möchte ich dir sagen: Es gibt Hoffnung. Auch wenn es sich manchmal unmöglich anfühlt, gibt es Wege, die Angst zu bewältigen und das Leben wieder unter Kontrolle zu bekommen. Jeder kleine Schritt zählt, und manchmal beginnt der erste Schritt einfach damit, deine Angst zu benennen.

Fazit: Auf dem Weg zu mehr Selbstfürsorge und innerer Stärke

Meine Reise mit der Angststörung ist noch nicht zu Ende, aber ich fühle mich stärker und gefestigter als je zuvor. Die Angst hat zwar nicht komplett aufgehört, aber ich habe gelernt, dass ich sie kontrollieren kann. Selbstfürsorge ist zu einem wichtigen Teil meines Lebens geworden, und ich hoffe, dass mein Weg anderen Mut macht, ebenfalls Hilfe zu suchen und sich auf ihre eigene Reise der Heilung zu begeben.

Wenn du gerade mitten in einer schweren Phase steckst, möchte ich dir sagen: Du bist mutig. Du bist stark. Und es gibt immer einen Weg nach vorn.

Alles Liebe,
Saskia

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